Biografie
Lois Weinberger * 1947 in Stams, Tirol. † 2020 in Wien
lebte in Wien und Gars am Kamp, Niederösterreich
Lois Weinberger arbeitete an einem poetisch-politischen Netzwerk, welches den Blick auf Randzonen lenkt und Hierarchien unterschiedlicher Art in Frage stellt. Er verstand sich als Feldarbeiter und begann in den 1970er Jahren mit ethnopoetischen Arbeiten, welche die Basis bildeten für die seit Jahrzehnten entwickelte künstlerische Auseinandersetzung mit dem Natur- und Zivilisationsraum.
Ruderal-Pflanzen — “Unkraut” — die alle Bereiche unseres Lebens tangieren, sind Ausgangs— und Orientierungspunkt für Notizen, Zeichnungen, Fotos, Objekte, Texte, Filme und Arbeiten im öffentlichen Raum.
1991–92 entwirft Weinberger den WILD CUBE — eine Torstahl-Einfriedung, in der die Aufforstung durch Spontanvegetation erfolgt, ohne menschliches Zutun — RUDERAL SOCIETY — eine Lücke im urbanen Raum. Gleichzeitig beginnt Weinberger mit den subversiven Pflanzentransfers in angeeigneten Gebieten der Stadt wie im Landschaftsraum.
1993 entsteht die Arbeit BRENNEN und GEHEN, Weinberger reißt im Sommer während der Festspielzeit am Platz vor der Szene Salzburg, den Asphalt auf und überläßt dieses 8 x 8 Meter große, eingefriedete Gebiet sich selbst. 1997 wird diese Arbeit zur documenta X auf dem Parkplatz des Kulturbahnhofs und 1998 in Tokio erneut installiert.
Ebenfalls zur documenta X bepflanzt Weinberger ein stillgelegtes Bahngleis von 100 Metern mit Neophyten aus Süd- und Südosteuropa, das zur international beachteten Metapher für die Migrationsprozesse unserer Zeit wurde und mit seinen poetisch-politischen Bezügen weit darüber hinausweist. Seit 2015 wird die Arbeit restauriert und weiterhin als Kunstwerk in Kassel verbleiben. 2009 wird Lois Weinberger in den Österreichischen Pavillon der Biennale Venedig eingeladen und 2017 zur documenta 14 in Athen und Kassel. Er hat mit seiner Arbeit die neue Debatte zu Kunst und Natur von den frühen 1990er Jahren bis heute maßgeblich mitbestimmt.
Susanne Witzgall in (re)designing nature, Hatje Cantz 2011
“… Die Gärten von Lois Weinberger, in denen Pflanzen und Erde weitgehend sich selbst überlassen und Unkraut umgewertet wird, in denen das Grün migriert und Neophyten Freigang haben, erscheinen visionär. Sie sind radikaler Vorreiter und paradigmatisches Beispiel für neue Strategien im Umgang mit Natur …”.
Lois Weinberger in SCULPTURE NOW (World of Art) von Anna Moszynska, Thames & Hudson 2013
“… Sculpture now untersucht die dynamischen Entwicklungen der skulpturalen Praxis weltweit seit Mitte der 1990er Jahre, fasst die wesentlichen Trends zusammen und ermittelt die bahnbrechenden Künstler, die neue Wege beschreiten und die zeitgenössische Maßstäbe setzen …”.